Es hat Neuschnee gegeben über Nacht. Für Armin Margreth, Landwirt in Lain (GR) und im Winter im Nebenjob auch Pistenfahrzeugfahrer, bedeutet dies Frühschicht. Denn vor dem morgendlichen Pistenpräparieren kümmert er sich zuerst um die Jungtiere auf seinem Hof. Um 5 Uhr morgens füttert er die 56 Kälber und Rinder. «Auch wenn ich im Winter am Morgen oder am Abend meinem Nebenerwerb auf den Pisten nachgehe, die Tiere kommen immer zuerst», meint Armin Margreth.
Vereinfacht gesagt, bietet der Margreth-Hof Bergferien für Kälber und Rinder an. Sie kommen jeweils vollständig abgetränkt im Alter zwischen vier und sechs Monaten von Milchviehbetrieben aus St. Gallen, dem Thurgau und dem Zürcher Oberland und bleiben für rund zwei Jahre zur
Aufzucht in der Obhut des Landwirts. Die Kosten für die Aufzucht rechnet Armin Margreth mit einer Monatspauschale ab. «Hier oben in den Bergen wachsen sie zu robusten Tieren heran. Die Bergluft und die hiesigen Weiden, wo sie rauf- und runterspringen, tun ihnen gut. Ihre Besitzerinnen und Besitzer können sich in der Zeit ganz auf die Milchproduktion konzentrieren», erzählt der Landwirt.
Liebevoll tätschelt er das eine oder andere Kalb, schaut, wie es den Tieren geht, putzt die Boxen raus und streut sie frisch ein. Die meisten Tiere sind Schweizer Braunvieh, es gibt aber auch solche der Rassen Holstein und Red Holstein.
Landwirt
Dank der Vertragsaufzucht bei uns in den Bergen werden die Jungtiere robust und ihre Besitzerinnen und Besitzer können sich ganz auf die Milchproduktion konzentrieren.
Armin Margreth wusste schon als Kind, dass er Landwirt werden wollte. Den Hof, der mitten im Dorf Lain in der Nähe der Lenzerheide liegt, haben bereits sein Vater, sein Grossvater und sein Urgrossvater geführt. Armin Margreth absolvierte die landwirtschaftliche Schule Plantahof in Landquart (GR) und bildete sich anschliessend als Betriebsleiter und Meisterlandwirt weiter. «Die Arbeit mit Tieren in unserer wunderschönen Natur ist eine Herzensangelegenheit», sagt der Landwirt strahlend. Er, seine Frau Rita und die drei heute erwachsenen Kinder führten den Milchviehbetrieb mit Aufzucht des eigenen Jungviehs ab 1995 für über 15 Jahre weiter und liessen ihn für Bio Suisse zertifizieren. Die Rentabilität liess jedoch zu wünschen übrig. Unter anderem wegen der Milchproduktion an drei verschiedenen Standorten – eine im Dorf, eine auf dem Maiensäss und eine auf der Alp. Da das Kraftfutter für Milchkühe in den Bergen nicht wächst, musste Armin Margreth dieses stets zukaufen. Zudem machte der Familie der sinkende Milchpreis zu schaffen.
Die Familie beschloss deshalb, auf Vertragsaufzucht umzusteigen. «Über diesen Entscheid sind wir heute sehr glücklich», erklärt Armin Margreth. «Nicht zuletzt wegen der gewonnenen Freiheit im Leben. Die Tiere, die bei uns jährlich ein- und ausgehen, benötigen zwar unsere volle Aufmerksamkeit und Pflege, doch wir sind viel flexibler darin, wann wir welche Arbeiten erledigen. Im Vergleich waren wir bei der Milchproduktion zeitlich deutlich enger getaktet und eingespannt», erklärt Armin Margreth. Rita Margreth konnte dank der Neuorientierung eine Arbeit ausserhalb des Betriebs im kaufmännischen Bereich annehmen. Mit einem 70-Prozent-Pensum sorgt sie für zusätzliches Einkommen und soziale Absicherung. «Wir schaffen alles ganz ohne weitere Mitarbeitende. Es freut mich natürlich, dass nun unser jüngster Sohn auch Landwirt werden möchte. Er hat die Ausbildung als Landmaschinenmechaniker absolviert und packt regelmässig in den Ferien mit an.»
Im Sommer, wenn die Tiere auf der Alp sind, können sich die Margreths ganz aufs Heuen konzentrieren. Die von ihnen bewirtschafteten Wiesen liefernihnen das Futter – Heu, Emd undGrassilage – für die Kälber und Rinder.«Zugekauftes Kraftfutter benötigennur die bis einjährigen Kälber. Und imWinter gibt’s für alle Mineralstoffeund Salzlecksteine», erklärt der Landwirt. Das langjährige Mitglied derLANDI Graubünden kauft üblicherweisean den LANDI Standorten Landquartund Thusis ein.Von September bis Juni ist es ArminMargreths Aufgabe, die Tiere besamenzu lassen. So können sie im Alter von28 bis 32 Monaten ihr erstes Kalb zurWelt bringen. «Die Erfolgsrate der erstenBesamung liegt bei 95 Prozent»,freut er sich. Die besamten Tiere beobachteter genau und trägt die Ergebnisseim Brunstkalender ein. Die Ultraschalluntersuchungim Stall gibt dannGewissheit darüber, ob das Tier trächtigist. Eine Woche vor dem Kalbernreist das Tier wieder in seine Heimatzur Besitzerin oder zum Besitzer. «Andieses ständige Abschiednehmen habeich mich gewöhnt. Auch wenn ich dieTiere während der zwei Jahre bei unsauf dem Hof gut kennenlerne, wird dieBindung nicht zu gross», so ArminMargreth.
Im Winter, wenn sich alle Tiere imStall oder im Auslaufbereich aufhalten,fällt mit Füttern und Misten das Grosder Arbeit an. «Doch dank unseres2011 gebauten, modern ausgerüstetenStalls, kann ich jeweils die Stallarbeitenzügig erledigen», freut sich ArminMargreth, der begeistert dengrossen Heukran über die Tiere lenkt.So bleibt Zeit für die vielen Administrations-und Buchhaltungsarbeiten,die der Landwirt und seine Frau auchfür die lokale Alpgenossenschaft erledigen.Und es bleibt Zeit, ins Pistenfahrzeugzu steigen.
Gerade noch im Stall, ist Armin Margreth zehn Minuten später auf der Piste. Wenn er den Motor und die grossen Lichter des Pistenfahrzeugs einschaltet und die mächtigen Raupen über den frischen Schnee rollen lässt, strahlt er. «Diese Maschine ist einfach faszinierend. Ich komme damit jeden Hang hinauf und hinunter und kann fast meditativ meine Spuren im Schnee ziehen», sagt Armin Margreth.
Während rund zwei Stunden fährt er gut einige Kilometer hin und her, bessert da und dort eine Spur aus, bis schliesslich alles parat ist für die Ski und Snowboardfans und die vielen Skischulen. «Der Schnee ist jedes Mal anders. Nur mit genügend Erfahrung lässt er sich perfekt präparieren, sodass alle Wintersportlerinnen und -sportler glücklich sind», erklärt Armin Margreth. Seinen Nebenjob auf der
Piste macht er schon seit über zehn Jahren. Und was eine gute Piste ausmacht, weiss er selbst am besten, schliesslich war er über 20 Jahre lang Skilehrer. Noch heute geniesst er an schönen Wintertagen beim Skifahren eine kurze Auszeit zusammen mit seiner Frau. «Ich bin enorm dankbar darüber, wie flexibel wir sind, um die Arbeiten auf dem Hof, unsere Zusatzjobs und unsere Freizeit unter einen Hut zu bringen.»